Lebensraum Wasser

 


Fließgewässer 
Fischereiliche Probleme, Maßnahmen und Lösungsvorschläge

Josef Hönig, Heidelsheim

 

 

Einleitung
In dieser Arbeit wird ein Teil der Probleme besprochen, die in erster Linie dem Praktiker begegnen und natürliche Entwicklungen und Abläufe stören und schließlich zu langzeitigen Schäden für Flora und Fauna unserer Fließgewässer führen. Der Öffentlichkeit sind sie zu wenig bekannt bzw. in den Zusammenhängen nicht verständlich. In den Augen des damit fachlich Befassten sind sie oftmals ein Ärgernis.
Es ist klar, dass manche der folgenden Schilderungen, die selbstverständlich die Wiedergabe kritischer Betrachtungen sind, in bestimmten Kreisen keine Freude hervorrufen, was objektiv gesehen, verständlich ist. Somit seien die folgenden Schilderungen und Beschreibungen in erster Linie an jene Personen oder Personengruppen gerichtet, denen die Möglichkeit der Einflussnahme schon gegeben war, dies momentan noch ist oder künftig sein wird.
Es gibt an unseren Fließgewässern aber auch Positives. Tatsächlich kann eben auch mit Freude über Handlungserfolge berichtet werden. Gemeint sind die gelungenen Renaturierungsmaßnahmen. Nachfolgend ist in erster Linie die Rede von Einflüssen auf kleine und kleinste Fließgewässer, die schließlich als Kinderstuben und Rückzugsräume vieler Arten aquatisch lebender Pflanzen und Tiere und selbstverständlich auch Fische funktionieren oder funktionierten. Schwerpunkt und Kern sind im Nachfolgenden verständlicherweise Ursachen mit Bezug zur Fischerei und die ausgelösten Folgen.

 

Abb.: 1 Kleinst Gewässer, ehemals geradlinige Abflussrinne Abb.: 2 Gewässer Abb.1 sechs Monate nach Renaturierung

 

Ein Blick zurück

Keine der erforderlichen Gewässerverbesserungen einschl. Rückbaumaßnahmen (als Renaturierung bezeichnet) ist so problemlos zu erreichen, wie die im Laufe der Vergangenheit herbeigeführten Degradierungen, welche hauptsächlich im Dienst einer galoppierenden Industrialisierung und Energiegewinnung stattgefunden haben.
Der ursprüngliche Zustand ist zweifellos nicht mehr erreichbar, weil die hierfür primären, elementaren Voraussetzungen und Gegebenheiten in die Irreversibilität geraten sind. Gemeint ist damit die Umgestaltung und vielseitige Belastung unserer Landschaft durch intensive Nutzung und Freizeitaktivitäten. Verlierer war immer die Ökologie, zuvorderst die Fischerei. Ursachen und Verursacher wurden und werden in zahlreichen Publikationen immer wieder genannt und fachlich diskutiert. An Protesten und Nachweisen durch Wissenschaft und Praxis hat es also tatsächlich nie gefehlt. Was nun folgt, ist genauer betrachtet mehr oder weniger als Reparatur zu sehen. Im Wirtschaftswachstum und der Erzeugerschlacht auf dem Gebiet der Landbewirtschaftung geriet der Politik und leider auch den zuständigen Fachbehörden manches aus dem Gesichtsfeld oder wurde ganz einfach als nachrangig oder unbedeutend eingestuft.
Fischer waren in der Mitte und noch Ende des 20. Jahrhunderts für manche Kreise lästige Nörgler. Auch heute werden sie trotz ihrer Kompetenz, die auf bester Ausbildung beruht, mit ihren Hinweisen nicht ausreichend ernst genommen.
Noch in den Siebzigerjahren des zurückliegenden Jahrhunderts waren grobe Landschafts- und Gewässerverstümmelungen möglich. Diese wirkten sich gerade auf kleine und mittlere Fließgewässer äußerst negativ aus, In den meisten Fällen mit Zustimmung durch Politik und Fachverwaltungen mit bester Absicht und in der Überzeugung, Wertvolles geschaffen zu haben. Man muss aber feststellen, dass sie für die Kommunen infrastrukturell auch viele Vorteile gebracht haben, allerdings -wie schon erwähnt- zum Nachteil der Ökologie und natürlich eines sparsamen Wasserhaushaltes, der im Einklang mit der Umwelt steht.

 

Welche Nachteile ergeben sich hieraus für die Fischerei?
Der wissentlich oder auch nur unüberlegt gewollte beschleunigte Abfluss der Niederschläge in vielen Landschaftsteilen, leider sogar in manchen Wirtschaftswäldern, ist ein Ärgernis, weil sie jedes Mal nach starken Regenereignissen, in den Gewässern in die sie eingeleitet werden, Schäden verursachen, über die nach langer Gewöhnung niemand mehr redet, außer ein paar
Fischern. Dabei kommt es zu kurzzeitig wirkenden hydraulischen Stresssituationen für die Wasserlebewelt und schließlich zur Abnahme der Artenzahlen.
Das jeweilige Fließgewässer wird hierdurch zum praktischen Vorfluter degradiert und hat fast ausschließlich technische Funktionen zu erfüllen. Damit findet zwangsläufig Austrag von wertvollem Oberboden statt, der den Gewässergrund verdichtet und eine dem Gewässertypus entsprechende Kleintierbesiedlung, das sog. Makrozoobenthos, schädigt oder gar verhindert. Das Porensystem unter dem Fließenden, in der Limnologie als hyporheische Zone bezeichnet, verschwindet. Verdichtete Gewässersohlen ermöglichen keine Infiltration von Wasser in das Grundwasser. Ohne Not abfließendes Niederschlagswasser fehlt der oberen Bodenzone, also auch im Wurzelraum und trägt somit nicht zur Grundwasseraufstockung bei. Also eine Verschärfung der Wassermangelsituation in trockenen und heißen Sommern und niederschlagsarmen Wintern.
Sehr ernüchternde Ergebnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen im Bezirk Oberfranken bestätigen die Feststellungen aus unserem Raum. Die Ergebnisse wurden zusammen mit der Hochschule Magdeburg-Stadal veröffentlicht. 



Spiegelbild einer Gesellschaft
ist die Landschaft mit ihrer Nutzung, sei dies zur Nahrungsmittelerzeugung, Holzgewinnung, mit den Erholungseinrichtungen oder anderem.
An dieser Stelle soll nun die Aufmerksamkeit in der Hauptsache auf die Wälder gerichtet werden. Viel zu oft und an zahlreichen Stellen verlässt Niederschlagswasser die Wälder und verursacht die bereits geschilderten Schadwirkungen. Bei den als nachhaltig anerkannt betriebenen betriebswirtschaftlichen Methoden des Forstes ist dies aber unbegreiflich.
An dieser Stelle müssen Missverständnisse, welche die guten Beziehungen zwischen dem Forst und der Fischerei stören könnten, ausgeschlossen werden und Sachlichkeit muss Platz greifen. Die Rede ist absolut nur von Normalniederschlägen, nicht von Sturzniederschlägen und auch nicht von Abflüssen nach Katastrophenniederschlägen bei Steillagen, kurz nicht von Situationen, in denen eine Einflussnahme unmöglich ist.
Regelmäßige Beobachtungen zeigen, dass schon bei normalen Niederschlagsereignissen auf vielen Gemarkungen in hügeligem Gelände jährlich tausende Kubikmeter Wasser, das der Grundwasseraufstockung zugute kommen könnte, unnötig abfließen. In den Wäldern geschieht dies meistens über Wirtschaftswege, oftmals auch nach vorausgegangener Auswaschung von steilen Rückegassen, Mountainbikestrecken etc.
Wie sehr reichlich Wasser den Wäldern bekommt, erkennt man momentan 2016 nach dem Trocken- und Hitzestress der Bäume in 2015. Also wirklich ein Grund zum haushälterischen Umgang mit Niederschlagswasser.
In der Landwirtschaft haben entsprechende Bodenbearbeitungsmethoden die Aufnahmefähigkeit der Böden (Bodenkapazität) bedeutend erhöht. Das Anlegen von Gewässerrandstreifen hat sich in den letzten Jahren ebenfalls bewährt. Trotzdem besteht auch in der Landwirtschaft noch stellenweise Nachholbedarf. Wald- und Wiesenböden besitzen ein großes Aufnahmevermögen, das es unbedingt zu nutzen gilt! Abfließendes Niederschlagswasser kommt immer nach Passieren bestimmter Pfade an einzelnen, wenigen Stellen in die Gewässer und führt mit der fließenden Welle zu den genannten Schädigungen. Selbstverständlich sind Siedlungs- und Industriegebiete mit den großen Versiegelungsflächen eine Herausforderung, die nur mit größeren technischen Maßnahmen zu bewältigen ist, um die Fließgewässer nicht zu überfordern. Dies ist ein Problem, welches die Spezialisten der Städteplanung besonders fordert.

 

Rückhaltebecken als einzige Lösung? - Nein!
Bevor für Rückhaltebecken Kosten entstehen, sollte eine einfache Machbarkeitsstudie in erster Linie in den Wäldern erstellt werden.
Dafür sind die Förster die geeignetsten Fachleute, weil sie jede Bodensenke und die besten Stellen zur Lenkung und Versickerung des Niederschlagswassers kennen. Waldboden hat, wie bereits gesagt, ein schier unglaubliches Aufnahmepotenzial. Erst nach ernsthafter Vorarbeit stellt sich dieFrage nach Rückhaltebecken, denn Wasser, das erfolgreich in den Wäldern oder sonst im Gelände versickert, braucht nicht in großen Becken gespeichert werden, um dann gedrosselt letztendlich doch abzufließen.
Für einen konsequenten Wasserhaushalt in der Landschaft gibt es genügend Gründe, wie bereits ausgeführt wurde und nachstehend nochmals untermauert werden soll.
Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (ca. seit 1880) haben sich auffällige Veränderungen ergeben. Mindestens zwei davon sind von elementarer Bedeutung, weil sie die bereits genannte Problematik beeinflussen bzw. verschärfen.
Im Verlauf des Klimawandels, in dem wir uns unbestritten befinden, ist ist es in manchen Gegeden nicht unrealisstich, mit einer steigerung der Jahres Durchschnittstemperatur von nahezu 2° Celsius zu rechnen, was eine erhöhung von 20% der Ausgangssituation ergibt bis zum jetzigen Zeitpunkt eine Steigerung der Jahresdurchschnittstemperatur von fast 2° Celsius erreicht, was ca. 20% gegenüber der Ausgangssituation bedeutet. Niemand kann bestreiten, dass dies einem allgemein erhöhten Wasserbedarf entspricht (Vegetationsbedarf und Verdunstungsrate).
Beschleunigend für die Photosynthese der grünen Pflanzen wirkt sich die erhöhte CO2- Konzentration der Luft aus, die von 350 ppm auf derzeit ca. 400 ppm angestiegen ist. Dies zusammen mit verstärkter Sonneneinstrahlung, bedeutet aber auch eine Steigerung des Wasserbedarfs. Behauptungen, dass die Schüttungen vieler Quellen früher stärker und konstanter waren, lassen sich nicht von der Hand weisen. Es ist also an der Zeit, den Umgang mit dem wichtigsten Betriebsmittel das wir kostenlos erhalten, ernster zu nehmen. Das Management sollte wirklichen Praktikern übertragen werden. Für die Wälder sind dies (wie schon erwähnt) die Förster mit ihrer breit gefächerten, intensiven Ausbildung, übrigens auch was fischereidliche Fragen betrifft! Es genügt aber nicht nur zu wissen, man muss auch tun (bzw. tun lassen)!
In vielen Fällen könnten schon einfache Geländebearbeitungen zur Lenkung des Abflusswassers Abhilfe schaffen: eine wertvolle Investition in die Zukunft, wenn man mit Ernsthaftigkeit vorgeht, weil man damit großen Nutzen bewirkt.
Ein Spruch der Alten Griechen lautet:
„Das Erste aber ist das Wasser, besser als olympischer Sieg, besser als Gold“!
Im Christentum gilt Wasser als das eigentliche Lebenssymbol.
Alles Leben kommt aus dem Wasser. Millionen von Menschen auf der Welt ernähren sich aus dem Wasser, z.B. durch die Fischerei.
Der in vielen Ländern der Erde herrschende Mangel an sauberem Wasser ist Grund genug, jeweils im März den Weltwassertag zu begehen.
Noch sind wir in unseren Breiten -auch für die fernere Zukunft- mit ausreichend Trinkwasser versorgt, eine Garantie, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und nicht als Selbstverständlichkeit hingenommen werden darf. Zurück zu den Oberflächenabflüssen
Abflussbeschleunigungen, Schwebstofffrachten, Fließstreckenverkürzungen und übermäßige Nährstoffeinträge sind die Schadeinflüsse, welche allen aquatischen Lebewesen schaden.
Lang anhaltende oder häufig auftretende Wassertrübungen beeinträchtigen neben den bereits genannten Störungen die Atmungsorgane der Fische, die Kiemen, was bei starken Trübungen zur Abwanderung, bei massivem Einfluss zum Ersticken führt. Dies gilt auch für Krebse und freilich auch für Tracheenatmer.
Fischzuchtbetriebe erleiden durch tagelange Eintrübungen der Teiche, sei es durch mineralische Bodenbestandteile oder auch Mulm bzw. Detritusmaterial, z,B. aus rottendem Laub, dadurch Nachteile, dass eine Fütterung oft tagelang nicht möglich ist, was zu zeitweisen Zuwachsverlusten und damit zu wirtschaftlichen Schäden führt. In Extremfällen treten Fischsterben durch Verkleben der Kiemenblättchen auf, die bei den jüngsten Stadien ein großes Ausmaß erreichen können, z.B. Kiemenschwellungen mit anschließendem Fischsterben, also weit entfernt vom geforderten Tierwohl. Der Betreiber einer Fischzucht hat keine Wahl und muss mit der Bachwasserqualität klar kommen oder Schäden hinnehmen.
Ein weiterer Schadenaspekt ist die Störung des Lichthaushaltes in Gewässern (eine mittlerweile sattsam bekannte Parallele beim Menschen ist die übermäßig auftretende Feinstaubentwicklung). Nach allmählich zunehmender Sichttiefe nach Trübungen kommt es in der Regel durch den Nährstoffeintrag zu massivem Algenwachstum mit daraus resultierender Störung der normalen Gasspannung und Verschiebung des pH-Wertes in schädliche Bereiche.
Im Fließgewässer zurück bleibende Feinstoffe verhindern die Entwicklung von Aufwuchs, der für die Weidegänger unter den Fischnährtieren erforderlich ist. Außerdem erfolgt bei jeder auch nur kleinen Zunahme der Abflussmenge durch Aufwirbelung eine erneute Wassereintrübung mit den geschilderten Folgen. Eine nicht zu unterschatzende negative beeinträchtigung ergibt sich auch durch die Gedankenlose unsitte, kleine Gewässer in der heißen Jahreszeit als willkommene Hundebadeinrichtung zu nutzen.

Erfreuliche Entwicklungen an Fließgewässern
gibt es selbstverständlich auch. Hier soll nicht über die glücklicherweise weit fortgeschrittene Befreiung von Abwässern die Rede sein, die Dank hervorragender Klärtechnik weitesgehend funktioniert und eigentlich fast überall dem Stand der modernen Technik entspricht, hier soll es um die Gewässerstruktur gehen. Diesbezüglich wird schon seit Längerem nach der Wasserrahmenrichtlinie von 2001 einiges wieder gerichtet, was in vielen Fließgewässern mit fast ausschließlicher Vorfluterfunktion bedeutet, dass Mäander angelegt werden. Eine als elementar zu bezeichnende Wiedergutmachung ist die (Wieder) Herstellung der Durchgängigkeit für Fische und Kleintiere, die von einzelnen Fällen abgesehen, absolut als notwendig zu bezeichnen ist.
In mittlerweile zahlreichen Fällen hat der Fischermeister Hermann Wiegner im Bundesland Baden- Württemberg mit Schwerpunkt Nordbaden mit seinem technischen Know-how und viel Erfahrung unter teilweise schwierigen Bedingungen hauptsächlich dort, wo Wehre geschleift wurden Blocksteinrampen gesetzt, die gute Durchgängigkeit ermöglichen, aber auch einer größeren Anzahl Fische für längere Zeiträume als willkommene Unterstände dienen. Letzteres ist ein besonders begrüßenswerter Effekt, der besondere Beachtung verdient.
Diese Rampen tragen seine Handschrift und haben ihn in Fachkreisen bekannt gemacht. Wiederholte Male durchgeführte Erfolgsüberprüfungen mit dem E-Fischereigerät sprechen aufgrund der vorgefundenen Besiedlungsdichte für diese Bauart.
Einen großen Vorteil für den Fischbestand in den Rampen, die sich auch für die Sauerstoffanreicherung des Wassers günstig auswirken, bietet ein gesetzlicher Schutz, nämlich nach der Landesfischereiverordnung LFischVO, §7 dadurch, dass die Befischung von Fischwegen untersagt ist und ein Abstand von 30 m einzuhalten ist.
Damit können sich in dieser sicheren Zone ungestört gewässeradaptierte Fische zu wertvollen Laichern entwickeln, die -günstige Bedingungen vorausgesetzt- für natürliche Fortpflanzung sorgen.
Durchgängkeiten wie z.B. Rampenbau wurden inzwischen auch von verschiedenen Wasserbautechnikern in allen Bundesländern hergestellt.

 

 

Abb.: 3 Wehranlage vor der Herstellung der Durchgängigkeit Abb.: 4  Durchgängigkeit wiederhergestellt (Raugerinne)

 

Fischbesatzmaßnahmen ja oder nein und wie oder womit?

Innerhalb von Fischereikreisen, aber sehr häufig auch außerhalb, wird immer wieder und in letzter Zeit immer häufiger die Sinnhaftigkeit von Fischbesätzen diskutiert und hinterfragt, die Teil der fischereidlichen Bewirtschaftung sein sollen und eigentlich nur bei tatsächlicher Erforderlichkeit durch das Fischereigesetz FischGes. gedeckt sind.
Deshalb ist es gut, dass sich in den zurück liegenden Jahren ein großer Kreis von Wissenschaftlern und Praktikern intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat. Neue Untersuchungsergebnisse wurden diesbezüglich jüngst in zahlreich zusammengestellten Auswertungen, unter anderem z.B. durch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei als JGB-Heft 28/2015 und als DVD durch Arlinghaus und Mitarbeiter vorgelegt. Bisher kritische Fachleute werden durch die Ergebnisse weitgehend bestätigt, euphorisch veranlagten Fischbesatz-Anhängern dagegen zeigen sie -insbesondere beim Paradebeispiel Hechtbesatz- einleuchtend die Grenzen und in Einzelfällen auch den Widersinn und die Kontraproduktivität. Im Grundsatz gelten die gesicherten Erkenntnisse, nicht nur für eine nachhaltige angelfischereiliche Gewässerbewirtschaftung, sonder allgemein; auch für durch die Berufsfischerei genutzte Gewässer, was korrekt geführte Fangaufzeichnungen immer wieder bestätigen. Sie sind die Erkenntnis liefernde Grundlage für das Vorgehen in Sachen Besatzmaßnahmen.

Besatzmöglichkeiten mit jüngsten, anpassungsfähigen Stadien, z.B Eier
Der geringste und meistens auch zielsicherste Aufwand bei geeigneten Gewässerverhältnissen ist der zum richtigen Zeitpunkt und im entscheidenden Entwicklungszustand richtig durchgeführte Besatz mit Eiern.
In trüben Stillgewässern ist diesbezüglich der Klassiker das belaichte Zandernest aus Netzmaterial, Seggenwurzeln, Wacholderreisig etc.
In salmonidentauglichen Fließgewässern dagegen stellt man das sog. Brutbett, das man mit embryovierten Eiern besetzt, aus Kieselsteinen her. Nachfolgend wird eine keinesfalls neue
Methode für salmonidentaugliche Fließgewässer als Alternative zu Besätzen mit ein- oder mehrsömmrigen Fischen vorgestellt, mit welcher in vielen Fällen über Jahre hinweg immer wieder gute Erfahren gesammelt werden konnten.
Unsere eigenen, studienhalber durchgeführten Versuche begannen im Januar 1991 gemeinsam mit dem damaligen Gewässerwart des Fischereivereines Wilferdingen, Dr. Schäfer, im Seebach,einem Quellbach auf der Gemarkung Wilferdingen, der auf derselben Gemarkung in die Pfinz mündet (ein von Fischermeister Wiegner bei dieser Gelegenheit gedrehter Film dokumentiert dies). Zunächst wurden embryonierte Bachforelleneier, später Meerforellen und Lachseier in geschüttete Kiesbänke eingespült. Letzteres geschah mit freundlicher Unterstützung durch unseren Kollegen Martin Gerber aus dem Elsass. Die durch den FV Wilferdingen eingebrachten Kieselsteine waren klassifiziert als 16/32. Diese Sortierung bietet besonders geeignete Hohlräume und eignet sich für die Eier aller Salmonidenarten. Nach den überzeugenden Erfolgen der nachfolgenden Jahre wurde die Methode mit eben dieser Kieselsteinsortierung bekannt als die sog. „Bruchsaler Methode“. Das Verfahren verbreitete sich im näheren Raum mit jeweils im nachfolgenden Frühherbst durchgeführten Kontrollbefischungen.
Mehr und mehr praktizierten verschiedene Gewässerwarte in den zurückliegenden Wintern zumindest Teile des Besatzes nach dieser Methode mit Bachforelleneiern in Salmonidengewässern.
Darüber hinaus wendet ein Teil der Bewirtschafter von Forellenbächen aber auch das Verfahren mit Brutboxen und verschiedenen Eigenkonstruktionen an. Der Marke „Eigenbau“ durch die Anwender sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt dabei verschiedene Typen von einfach bis unnötig kompliziert bezüglich des Materials von Kunststoff bis Edelstahl.
Für das Maß des Erfolges ist in erster Linie die Sauberkeit und Qualität eines Gewässers entscheidend. Darüber hinaus kommt es aber selbstverständlich sehr auf die Eiqualität an, die erfahrungsgemäß recht unterschiedlich sein kann.
Ein, allerdings sehr häufig den Erbrütungserfolg restlos zunichte machender Einfluss ist das Ausmaß und die Häufigkeit der Wiederholungen von Schwebstofffrachten, wie in dieser Arbeit schon besprochen.
Deshalb funktioniert die Entwicklung von auf natürlichem Weg abgelaichten Eiern, bzw. das künstliche Einbringen von so genannten grünen, also frisch befruchteten Eiern nicht oder nur zu einem kleinen Anteil. Grüne, also frisch befruchtete Forellen- oder Lachseier können bei vorsichtigem Hantieren, je nach Wassertemperatur, ca. einen Tag lang transportiert werden. Der Entschluss zum Einbringen von grünen Eiern sollte nur dann gefasst werden, wenn die zwei wichtigsten Bedingungen erfüllt sind:
das zu besetzende Gewässer darf zumindest für die Erbrütungsperiode keine Trübstoffe führen und 100% der Eier müssen befruchtet sein.
Leider hat die Schwebstofffracht unserer Fließgewässer in den zurück liegenden Jahren nicht abgenommen, sodass die Wasserqualitätskriterien für Salmoniden, was diesen Parameter betrifft, bei weitem nicht erfüllt werden. Sollen in solche Gewässer Eier eingebracht werden, was bei mäßigen Trübungen möglich ist, so ist das Vorhaben nur dann von Erfolg, wenn die Entwicklung so weit fortgeschritten ist, dass der Schlupf direkt bevorsteht oder die ersten Larven schon zu schlüpfen beginnen. Dies gilt für alle Salmonidenarten. Der Risikozeitraum für ein Versanden oder Verschlammen der Eier wird dadurch erheblich verkürzt.
In den zurückliegenden Jahren wurde der Wert von Jungfischen, die in Wildgewässern ausgeschlüpft sind und dort in der Larvenperiode auf das Gewässer geprägt wurden, erkannt. Ganz besonders darf an dieser Stelle diesbezüglich auch auf verschiedene Vorgehensweisen in unserem Nachbarland Österreich hingewiesen werden. Besonders intensive Untersuchungen hat auf diesem Wissensgebiet Georg Holzer durchgeführt. Aufschlussreich und überzeugend ist seine Publikation in „Österreichs Fischerei“ Heft 8/9 2014, Seiten 209 bis 224. Aber auch zahlreiche andere Autoren haben über ihre Erfahrungen in verschiedenen Fachorganen berichtet.
Um durch Schmutzfrachten und Hochwässer verursachte Fehlschläge zu vermeiden, wurde in der Nr. 10 des „Fischer und Teichwirt“ Jahrgang 2014, die Methode beschrieben, welche eine größere Sicherheit bietet als dies nur normal eingebrachte Kiesschüttungen können.
Nachstehend soll die Methode, wie sie der Gewässerwart Christian Danner mit Unterstützung durch die Gemeindeverwaltung Billigheim in der Pachtstrecke der Schefflenz auf der Gemarkung Allfeld mit Erfolg durchgeführt hat, näher besprochen werden.

Abb.:6 Skizze für Erbrütungsstelle im Uferbereich

 

Abb.: 5 Skizze in Draufsicht für Erbrütungsstelle

 

Vorgehensweise beim Bau einer hochwassersicheren Erbrütungsstelle
In Naturschutzgebieten empfiehlt sich zunächst eine Kontaktaufnahme mit dem amtlichen Naturschutz und der Fischereibehörde zur Klärung der Rechtsverhältnisse und Möglichkeiten.
In geeigneten Fließgewässern mit Hochwassergefährdung werden an flachen strömungsintensiven Stellen, die sich auch für natürliche Ablaichvorgänge eignen oder eignen würden, quadratische oder rechteckige Vertiefungen von ca. 20 cm ausgehoben und mit Kieselsteinen, z.B, Klassifizierung 16/32 oder auch etwas größer, angefüllt. Diese Kiesschüttung wird mit einem Stahlgitter (z.B. Maschinengitter), am besten aus Edelstahl oder verzinkt, gesichert, was mit Piloten an den Ecken erfolgt (s. Skizze). Somit können Hochwässer das Material nicht verschleppen und der Brutplatz steht auch für die nachfolgenden Erbrütungsperioden zur Verfügung.
Allerdings gibt es Gewässer oder Gewässerstrecken in Muschelkalkgebieten, in denen nach Abnahme der Gleichgewichts-CO2 mehr oder weniger starke Versinterungen auftreten, die einen Kieselaustausch erforderlich machen können, ehe die neue Brutsaison beginnt. Dass die Kieselsteine vor dem Einbringen der Eier freizuspülen sind dürfte selbstverständlich sein. Man führt dies entweder mit einer Wasserpumpe über ein vorgeschaltetes Strahlrohr durch oder nach Abnahme der Vergitterung, mit einer kräftigen Harke.
Eine Strömungslenkung nach unten -falls erforderlich- kann durch Auflegen einzelner großer Steine auf die Vergitterung im vorderen Bereich erreicht werden.
Das Gitter soll maximal 50 mm Abstand haben, eben je nach Krönungsgröße des eingebrachten Materials. Es schützt zusätzlich vor Kaviarliebhabern, z.B. Enten, nicht jedoch vor der Wasserspitzmaus, falls diese im Gewässer vorkommt.
Nochmals, weil sehr wichtig und möglicherweise erfolgsentscheidend, wird hervorgehoben, dass in häufig trübstoffbelasteten Fließgewässern schlupfreife Eier eingespült werden sollten, was das Besondere an dieser notwendigerweise modifizierten Methode ist.

 

Abb.: 7 Optimal vorbereitete Erbrütungsstelle

 

Abb.: 8 Einbringen der Bachforelleneier in die Erbrütungsstelle

 

Grenzen der Durchführbarkeit dieser Methode

Natürlich ist das Ausmaß, d.h. die Menge der mitgeführten Fracht an Bodenmaterial Feinsand oder organische Bestandteile entscheidend dafür, ob das geschilderte Verfahren überhaupt zur Anwendung kommen soll. Schließlich ist dies vom Gewässerbewirtschafter selbst zu entscheiden. Wie viele der geschilderten Dauereinrichtungen pro Gewässerfläche oder Fließstreckenlänge eingerichtet werden sollen, kann nicht pauschal angegeben werden, weil das ganze Umfeld, z.B die Sohlstruktur, den Ansprüchen der jungen Brut gerecht sein muss. Klugerweise beginnt man zunächst mit einem Platz und hält das Verfahren unter genauer Beobachtung um alles Weitere später zu entscheiden. Bei guten Bedingungen kann man es z.B. pro km Fließstrecke und einer Sohlbreite von mindestens 2 m mit dem Bau jeweils einer Dauereinrichtung wagen. Eine Empfehlung zur einzubringenden Eizahl ist deshalb sehr schwer, weil verschiedene Faktoren zu beachten sind.
Auch hier zählt die praktische Erfahrung und „kleckern“ kann so falsch sein wie „klotzen“! Sehr grob gesagt könnte man pro Brutplatz mit bis zu 10.000 Eiern rechnen. Für soviel Brut reicht aber die erste Nahrung im engeren Bereich mit Sicherheit nicht aus! Um erste Erfahrung zu sammeln, sollte man mit 2000 bis 5000 Stück beginnen. In der Hauptsache sind aber die natürlichen Voraussetzungen, welche die Brut nach Aufzehrung des Dottersackes, bei ihrem Erscheinen antrifft und die für Ernährung und die allmähliche Verbreitung entscheidend sind, bestimmend. Eine klare Antwort ergibt sich hier erst nach mehrjähriger Erfahrung. Als grobe Regel, mit der man nichts falsch machen kann darf gelten, dass man anstelle eines Sömmerlings mindestens 10 embryonierte Eier einsetzt.
Dass das geschilderte Verfahren in erster Linie dort einen Sinn hat und angewendet werden sollte, wo in einem grundsätzlich salmonidentauglichen Fließgewässer (noch) kein Fischbestand oder kein Fischbestand mehr existiert, obwohl er dies könnte, z.B. nach einem Fischsterben oder weil die natürliche Fortpflanzung nicht oder nicht ausreichend funktioniert, gilt es an dieser Stelle grundsätzlich festzuhalten.
Besonders wichtig ist, dass nur gesunde, seuchenunverdächtige Eier , möglichst aus einem durch den Fischgesundheitsdienst überwachten Zuchtbetrieb bezogen werden. Dazu ergibt sich folgende Überlegung, die zwar in erster Linie in den betriebswirtschaftlichen Teil der liefernden Zuchtanlage reicht, den Abnehmer aber auch berührt, nämlich: es versteht sich von selbst, dass hochwertige Eier nur so lange regelmäßig zu haben sind, wie die wenigen Zuchtbetriebe mit regelmäßiger Abnahme rechnen können und deshalb auch die wertvollen Elterntiere halten um wohlüberlegte Zuchtarbeit zu betreiben.
Bei Unsicherheit, z.B. durch Unregelmäßigkeiten oder unkalkulierbare Abnahme wird ein Züchter seine teuer errichteten Haltungseinheiten verständlicherweise anders nutzen, weil mit jeder Leistung eine Gewinnorientierung verbunden ist, was natürlich auch für die Erzeugung von Brut oder Sömmerlingen gilt. Wertvolle Zuchtstämme könnten erlöschen.
Um sicher zu gehen, dass Besatz mit embryonierten Eiern in besonders trübungsgefährdeten Gewässern zum Schlupferfolg führt, kann mit dem liefernden Züchter die Vereinbarung getroffen werden, dass die Lieferung oder Abholung erst zum Schlupfbeginn erfolgt, was bei schonendem Transport keine Schäden bringt, wenn dieser in Wasser durchgeführt wird, das dem Bachwasser vor Ort behutsam angeglichen wird, also kein Transport auf Eierrahmen!
Quellbäche oder sonst saubere Bäche können selbstverständlich mit Eiern im frühen Augenpunktstatdium besetzt werden bzw. kann in Ausnahmefällen -wie schon beschrieben- sogar mit frisch befruchteten Eiern gearbeitet werden. Letzteres setzt eben höchste Qualität voraus und sollte noch innerhalb von 24 Stunden nach dem Abstreifen erfolgen.
Der Entwicklungsablauf lässt sich am besten verfolgen, bzw. die Erfolgsrate lässt sich am sichersten dadurch feststellen, dass eine geringe Eimenge in einer Box parallel eingebracht und die weitere Entwicklung beobachtet wird.
Nach dem Schlupf der Brut sinkt die Gefahr von Verlusten bei stärkeren Wassertrübungen, was mit der Eigenbewegung der Larven und der Platzveränderung zusammenhängt; es sei denn, die antransportierten Bodenpartikel oder Feinsande füllen die Hohlräume zwischen den Steinen in
kurzer Zeit. Wo dies zu erwarten ist, lasse man am besten die Finger von der geschilderten Methode. Dort bietet sich die Alternative eines Besatzes mit Vorsömmerlingen an. Schließlich ist an dieser Stelle noch der Hinweis angebracht, dass selbstreproduzierende Fischbestände in den Wildgewässern anzustreben sind.
Wo dies (selbstverständlich in geeigneten Gewässern) noch oder wieder der Fall ist, empfiehlt sich ein Besatzverzicht. Es muss aber leider davon ausgegangen werden, dass Reiher, Säger und Co. diesem Ansinnen, zumindest ein Stück weit, entgegen wirken.